Von der Idee zum Business?
Klein, aber oho!
Die kleinen Fische haben´s schwer: Sie sind leichte Beute für die Großen, im endlosen Blau des Ozeans mit freiem Auge praktisch unsichtbar und kein Mensch kommt auf die Idee, über sie ein angsteinflössendes B-Movie mit Hai-Suspense zu drehen.
Doch den Spieß kann man auch umdrehen: Größe schränkt die Manövrierfähigkeit im seichten Gewässer ein, Unsichtbarkeit kann genauso gut Tarnung bedeuten und Führung durch Angst – o.k., das ist soooo 80ties und „Old white man-Style“, da fällt mir sowieso nix drauf ein… Die meisten erfolgreichen Unternehmer, denen ich begegnet bin, haben klein angefangen, oft war die Selbständigkeit zu aller erst ein kleiner Nebenjob neben der Haupterwerbsarbeit, der sich peu a peu zu einem Full-Time-Job ausgewachsen hat. Der Vorteil? Wer langsam wächst, wächst beständiger und ist damit weniger anfällig für Krisen.
Zahlen, Zahlen, Zahlen!
Du überlegst schon seit einiger Zeit hin und her, ob Du Dich selbstständig machen willst, Du hättest eine gute Idee, doch Dir fehlt der Mut? Dann ist es Zeit für Papier und Bleistift und den guten alten Plus/Minus-Raster: Was spricht dafür, was dagegen? Schonungslose Ehrlichkeit ist dabei oberste Prämisse, denn aus langjähriger Erfahrung als Beraterin kann ich nur sagen, das Scheitern ist allzu oft eine Folge falscher Selbsteinschätzung gepaart mit mangelnder Erfahrung und zu wenig wirtschaftlicher Allgemeinbildung.
Wer ein Business betreiben will – und sei es noch so klein – muss sich zwangsläufig mit (Kenn-)Zahlen, Businessplänen und Rechtsnormen auseinandersetzen. Kreativ, innovativ und modern alleine reicht für die Umsetzung der besten Idee einfach nicht aus. Es gibt eine Menge Literatur zum Thema „Businessplan“, doch Vorsicht: Die größte Hürde dabei ist die realistische Annahme der Zukunftsprogose. Dies ist vor allem auch in Hinblick auf die Finanzierung Deiner Idee durch Investoren, Sponsoren oder schlicht die Bank wichtig. Denn die Bereitschaft professioneller, zudem in der Regel männlicher Anleger und Banker, in Dein Unternehmen Geld zu stecken, steigt mit der Professionalisierung Deiner Konzeptentwicklung.
Know your Business, know your Customers
Du solltest daher den Markt, in dem sich Dein Business bewegt, wirklich genau analysiert haben. Umsatz, Rendite, ROI, Kostenstruktur, Break-Even-Point – das ist erst der Anfang. Wer keine Freude damit hat, sich auch um diese Seite des Unternehmerinnentums zu kümmern, sollte sich gut überlegen, ob die Einsamkeit der Selbstständigkeit der richtige Weg ist. Eine gute Alternative sind Business-Teams, doch Obacht! Was am Anfang als harmonische Geschäftspartnerschaft beginnt, endet nicht selten vor dem Kadi – gestritten wird schnell, vor allem, wenn´s um´ s Geld geht. Professionelle Beratung kann da Abhilfe schaffen, eine gute Steuerberaterin hilft, den Zahlendschungel zu bewältigen und ein Gespür für die eigenen Zahlen zu bekommen.
Sichtbar werden
Die größte Hürde am Weg in die Selbständigkeit ist jedoch meiner Ansicht nach das Thema Marketing. Auch hier sei gewarnt: Nur weil man auf der Uni zwei Semester Marketing hatte, heißt das noch lange nicht, dass man davon eine Ahnung hat. Das Thema Werbung ist unübersichtlich und durch die zunehmende Digitalisierung gibt es eine schier unüberschaubare Masse an Möglichkeiten, sein schmales Werbebudget zu verjubeln. Bevor man also bunte Customer-Journeys entwirft und sich dem Story-Telling hingibt, sollte man die wichtigste Vorfrage geklärt haben: Wer sind meine Kunden? Wie ticken sie? Warum sollten sie meine Ware/meine Dienstleistung in Anspruch nehmen? Was kann ich ihnen geben, das die Konkurrenz nicht hat? Bin ich besser/schneller/vertrauenserweckender als die Konkurrenz? Auch hier empfiehlt sich masochistische Grundehrlichkeit zu sich selber, denn ist das Werbebudget erst in sinnlose Kampagnen verblasen, ist der Katzenjammer oft groß…
Der Weg in die Selbständigkeit ist also bei Lichte betrachtet kein Zuckerschlecken. Unternehmertum hat in Europa leider grundsätzlich nicht die positive Konnotation, die es haben sollte, für weibliches Unternehmerinnentum gilt das umso mehr. Doch bei allen Hürden auf dem Weg kann ich nur aus eigener Erfahrung sagen: Die Genugtuung, sein eigener Chef zu sein, wiegt so gut wie alles auf. Ich blicke mit Stolz auf meine Entscheidungen, meine Erfolge, meinen Gewinn, mein Projekte. Und genau so stolz bin ich auf die Erfahrungen, die mich durch mein Scheitern, meine Fehlentscheidungen, meine Misserfolge und meine Hybris reifen haben lassen. Es macht mich aus. Und es macht verdammt viel Spaß, wenn ein Projekt so richtig gut gelingt und das Bankkonto vom Köderfisch zum Haifisch wird.