Männer-ER-ziehung
„Männer, Kinder, Hunde und Pferde gehören alle gleich erzogen: konsequent, liebevoll und gerecht!“
Zitat: Die beste Mama von allen… und die hat´s von der besten Oma von allen…
Wer von uns Frauen kennt das nicht: Die Kinder sind quengelig, der Hund stiehlt den Braten vom Küchentisch und dann nervt uns der Herzensmann auch noch, weil er grad unbedingt stante pede die Waschbrettarmaturen austauschen möchte, während man gerade das mehrgängige Geburtstagsessen für seine (!) Mutter zubereitet, oder weil er nicht in der Lage ist, den Müll runter zu tragen, bevor die Ratten die Küche übernehmen oder die Kinder pünktlich zur Schule zu bringen, er vom Einkaufen ein neues Technikspielzeug statt der aufgeschriebenen Karotten mitbringt, vom Gassi gehen mit dem von ihm angeschafften Hund mal ganz abgesehen… Die Liste ist endlos und jede von uns kann Romane über das jeweilige Exemplar an ihrer Seite und die mehr oder minder großen Defizite an empathischem Frauenverstehertum schreiben. Wir mögen und lieben sie ja, die uns zugemuteten Marsianer, aber sie nerven uns doch sehr oft gewaltig!
Keppeln, keifen kapitulieren?
Doch was kann frau tun? Die Erstreflexe auf unbotmäßiges Männer-Verhalten sind bekanntermaßen die drei „Ks“: keppeln, keifen, kapitulieren. Doch genau diese Reaktionen führen nur zu noch mehr Frust und damit im Gefolge zu noch mehr Zank und Hader. Ein Teufelskreis aus schlechtem Karma macht sich breit und schwupps schafft es die berühmte nicht zugedrehte Zahnpastatube, aus dem ehemals harmonischsten Liebespaar zwei um das letzte Joghurt im Kühlschrank mit Zähnen und Klauen kämpfende Hyänen zu verwandeln. Destruktive Energien ungeahnten Ausmaßes werden frei und selbst der ansonsten maulfaulste Mann wird zum Verbaltiger, wenn es darum geht, schlüssig darzulegen, warum er sich nicht die Verantwortung für die Beschaffung der häuslichen Milchprodukte umhängen lässt – von Verantwortung jeglicher anderer Art ganz zu schweigen. Und schon artet die Diskussion ums Joghurtglas in eine Diskussion um Werte, Wünsche und Lebensentwürfe aus…
Mit dem „3K“ System raus aus der Negativspirale
Probiert´s mal mit weiteren drei „Ks“: Kinematik, Kynologie, Konsequenz
Der Begriff Kinematik stammt aus der Physik und ist die Lehre von der Bewegung. Die Kinematik beschreibt, wie (nicht warum!) sich ein Körper unter Berücksichtigung der Größen Zeit, Ort, Geschwindigkeit und Beschleunigung bewegt.
Die Kynologie wiederum ist die Lehre von Zucht, Dressur und Krankheiten der Hunde.
Wem sich nun mehr Fragezeichen als Antworten auftun, ist genau auf der richtigen Fährte! Denn die Fragen und nicht die – bereits liebevoll in einem Kübel aus Vorurteilen einzementierten – Antworten bringen uns im Umgang mit dem Mann an sich und jenem speziellen Exemplar an unserer Seite weiter.
Das „Warum?“ hat mehr Facetten als frau glaubt…
Wir Frauen neigen dazu, ständig nach einem „Warum?“ zu fragen. Wir erforschen Motive, wir interpretieren, selektieren, prononcieren, doch in den allerwenigsten Fällen analysieren wir den Ist-Zustand, bevor wir uns ein Werturteil bilden. Und schnell wird aus dem Mann, der einfach keine Lust hat, während Barca gegen Real Madrid in der Glotze läuft, den Müll runter zu tragen, ein liebloses, gefühlsarmes, unempathisches Ehemonster, das uns nie unterstützt, nicht auf unsere Gefühle eingeht und überhaupt nie zuhört… Nicht, dass wir uns falsch verstehen – ich habe nicht die Seiten gewechselt oder unterliege einem ehelichen Stockholm-Syndrom, nein, ganz und gar nicht! Der Mann an sich ist ein Wesen, das wir Frauen nie ganz entschlüsseln können. Doch während wir das bei unserem Hund hinnehmen, hinterfragen wir die Biologie des Mannes mit einer Hartnäckigkeit und Akribie, die uns keinen Zentimeter weiterbringt. Denn nicht nur Männer schmutzen und nerven, das tut mein Hund ebenfalls.
Was der Hund darf, soll auch dem Mann nachgesehen werden…
Doch im Gegensatz zum Reinlichkeits-Manko meines Mannes hat mich jenes meines Hundes noch nie so auf die Palme gebracht, dass ich ihr (ein weiser Entschluss meines Lebens war, nur mehr weibliche Haustiere an meine Seite zu lassen…) mit Scheidung gedroht hätte. Allegra kann nach Kuhflade oder Marder-Hinterlassenschaft riechend nach Hause kommen, ich werde sie einfach kommentarlos in die Dusche verfrachten und allenfalls über den patschnassen Hund lächeln…
Warum gelingt mir das aber beim Hund so leicht und beim Mann leider gar nicht? Also nicht falsch verstehen, mein Mann beherrscht durchaus ein Mindestmaß an Reinlichkeit und wälzt sich eher nicht in Kuhfladen – es geht doch aber prinzipiell um die Frage, ob die Tatsache von weichem Fell und treuem Hundeblick ausreichen, freiwillig und kommentarlos, wenn auch nicht erfreut, gewisse Schwächen des Mitbewohners einfach hinzunehmen. Und was genau fehlt dann dem Mann, damit er ähnlich nachsichtig behandelt wird? Das weiche Fell? Der treue Blick? Ich glaube, dass wir Frauen bei Männern einfach immer nach dem „Warum?“ fragen – doch die Antwort ist schlicht: es gibt nicht immer einen Grund! Dinge sind einfach manchmal wie sie sind und in dem Augenblick, in dem man lernt, Realitäten einfach auch mal zu akzeptieren – was nicht heißt, dass man sie gutheißt – kann frau mit der momentanen Situation einfach besser umgehen. Das gilt für den Mann an meiner Seite genau so wie für die ewigen fruchtlosen Diskussionen mit der besten Mama von allen oder dem nervigen Kollegen.
Beschreiben, beschreiben, beschreiben!
Das erste „K“, die Kinematik zeigt wie´s geht: Zeit, Ort, Geschwindigkeit, Beschleunigung – wie sieht´s damit in meiner Beziehung aus? Wann bewegt er sich mit welchem Tempo wohin? Beschreiben, beschreiben, beschreiben – aber im ersten Schritt keine Zeit mit Grübeln und Ursachenforschung vergeuden! Lasst Eurem Forscherdrang freien Lauf und macht den Mann an Eurer Seite zu Eurem ganz privaten Forschungsprojekt! Stellt Euch gedanklich vor, Ihr erforscht die Bewegung der Planetenbahnen durch ein Hubble Teleskop, beobachtet die Bahnen von Jupiter und Mars oder errechnet die Entfernung eines Kometen, der an der Erde vorbeizieht. Distanz und Außenwahrnehmung bestimmen Euren Beobachtungsprozess. Keine von Euch würde auf die Idee kommen, mit Pluto zu diskutieren, warum er seine Umlaufbahn nicht mal kurz ändern könnte, um den Mist ins schwarze Loch zu tragen…
Auch ein alter Hund lernt einen neuen Trick
Das zweite „K“ – die Kynologie hilft uns im zweiten Schritt dabei, Lerneinheiten für den Mann an unserer Seite zu gestalten. Da Keppeln und Keifen ja offensichtlich weder beim Hund noch beim Mann zum gewünschten Verhalten führen, muss frau sich mit besseren Lernsystemen für beide umsehen. Unweigerlich denkt man dabei an den berühmten Pawlow´schen Hund: Der beim Füttern des Hundes ausgelöste Speichelflussreflex kann auf andere Auslösereflexe übertragen werden, die der Fütterung unmittelbar voran gehen. Da es bei diesem „Signallernen“ aber im Wesentlichen um die Konditionierung von zwei Reflexen durch eine zielgerichtete Stimulation geht und wir ja nicht unbedingt z.B. seine Erektion an das Müll-Runter-Tragen koppeln wollen, eignet sich das Konzept des Instrumentellen Konditionierens besser für unsere Männer-Erziehung: Wir verstärken gewünschtes Verhalten durch Belohnung, unerwünschtes Verhalten ignorieren wir bzw. wenden wir „Bestrafung“ äußerst restriktiv und vor allem nur auf das Verhalten, nicht auf die Persönlichkeit unserer Männer an sich gemünzt an. Wer schon einmal mit einem Welpen in der Hundeschule war, kennt das System. Wollen wir beispielsweise, dass der Hund „Sitz“ macht, so geben wir dem Welpen ein (nicht mehrere!!!) unmissverständliches, klares Kommando und belohnen ihn mit einem Leckerli genau in dem Moment, in dem auch nur der kleinste Ansatz von Hundepopo die Erde berührt. Das Wichtigste bei der Welpenerziehung ist Timing, Timing, Timing!!! Dasselbe gilt für den Mann an unserer Seite: Das erste Zauberwort jedoch ist „unmissverständlich“!
Immer das G´schiss mit dem Müll-runter-Tragen
Bleiben wir beim Müll und stellen uns folgende – natürlich völlig frei erfundene Szene einer Ehe vor: Wir wollen, dass der Eheliche von selber dann, wenn der Biomüll voll ist, den Eimer zeitnah nimmt und zum Komposthaufen trägt. Und zwar tunlichst bevor die Kakerlaken Tango tanzen… Wir finden, das bedarf keiner weiteren Einweisung oder einer ausgefeilten Check-Liste und schon gar keiner hymnischen Belobungen bei Vollzug. Er schaut aber lieber Fußball. Wir keifen ihn an – geht links rein, rechts raus. Wir sind wütend und tragen den stinkenden Eimer selber raus. Die Niederlage nagt an uns, wir fühlen uns unverstanden, schließlich wollen wir doch nur das Beste – für uns, für ihn, für unser gemeinsames Leben im Speziellen (Biomüll!!!) und eigentlich sowieso im Allgemeinen. Er erkennt das aber nicht und glotzt weiter Fußball. Die Szene wiederholt sich zwei bis drei Mal und beim vierten Mal ist der Biomüll bereits das Synonym für die gescheiterte Liebe. Er wird jetzt doch hellhörig, sieht seine Komfortzone schwinden und kennt sich nicht aus. Während sie ihm im Stakkato ihre gesammelten Biomüll-Verzweiflungs-Tiraden an den Kopf wirft, verpasst er das Tor von Rapid gegen FC Barcelona und fühlt sich daraufhin seinerseits total unverstanden. Der Hund kennt sich auch nicht mehr aus, klaut den Sonntagsbraten und negiert unsere diebezügliche Schimpftirade. Wir geben dem Mann auch daran die Schuld – wie der Herr, so das G´scherr, sagt der Wiener – und rufen unsere beste Freundin an. Wir sind uns einig: Männer sind Schweine!
Sagen, was Sache ist
Der erste Fehler in der Geschichte? Keine klare Anweisung. Wer darauf wartet, dass Männer, Hunde oder Kinder irgendetwas von selber machen, weil sie z.B. von selber von der Erkenntnis gestreift werden, dass der Biomüll stinkt, ist sich nicht bewusst, dass alle drei um ein Vielfaches resilienter gegen olfaktorische Zumutungen sind. Der Mann an sich schmutzt sowieso, pubertierende Kinder haben meist selber hormonbedingte Ausdünstungen wie eine Nerzfarm und der Hund fühlt sich neben dem miefenden Biomüll mal so richtig verstanden, weil das doofe Frauli auch endlich erkannt hat, dass man beim Rehe-Jagen besser nach Kadaver als nach Chanel Nummer 5 müffelt, weil da die Tarnung besser ist…
Erster Schritt daher: Wir formulieren eine klare, freundliche Bitte ohne latenter Aggression, ohne Worte wie „endlich einmal“ oder „Siehst Du nicht…“ einzubauen, ohne Vorwürfe und ohne Deadline „Jetzt!!!“.Für alle, die es schon vergessen haben, der Satz geht so: „Schatzi, könntest Du bitte den Biomüll runter tragen, danke!“
Loslassen und ein heißes Bad nehmen
Und jetzt kommt die Übung für uns: Wir lassen los und gehen uns die Haare waschen, die Nägel lackieren und setzen uns dabei die Kopfhörer auf und hören sanfte, beruhigende Musik. Was wir nämlich nicht machen, ist, die Minuten zu zählen, bis er sich in Bewegung setzt und innerlich zu kochen zu beginnen, weil er weiter Fußball schaut. Wir sind entspannt und haben das Thema Biomüll für heute erledigt, auch wenn uns die Zucchinischalen nach dem Beauty-Programm noch immer angrinsen, wenn wir wieder in die Küche kommen. Wir nehmen dann stattdessen das Biomüllküberl und stellen es auf seinen Essplatz, picken ein riesengroßes Herzerl-Post-It mit „Danke, Du bist der Beste!!– Kriegst ein Bussi!!!“ drauf und warten ab. Wenn er nicht total sozial inkompetent ist (siehe Kapitel -> toxische Männer!), wird er nach dem Fußball dann doch ein schlechtes Gewissen bekommen und den Biomüll seiner Bestimmung zuführen. Angenehmer Nebeneffekt: Er hat ein schlechtes Gewissen und Du bist die Heldin, die im Gegensatz zu den ganzen keiferten Weibern seiner best Buddies ein echtes Goldstück ist – was aber eh klar ist, weil er hat sich ja schließlich Dich ausgesucht und auf sein Urteil ist Verlass…
…Und dann ein Bussi!
Nicht vergessen darf man auf das Bussi! Und zwar genau dann, wenn er mit dem ausgeleerten Küberl zurückkommt! Timing, Timing, Timing!
Konsequenz ist das halbe Leben
Wäre noch das dritte „K“ – die Konsequenz. Das ganze System von Belohnung und Verstärkung funktioniert sowohl beim Hund als auch beim Mann nur mit Konsequenz. Das setzt voraus, dass ich sowohl meine eigenen Ziele genau definiere, mir also bewusst werde, welches Verhalten ich gerne verstärken möchte und das Potential und die aktuelle Reaktionsstufe von Fellnase und Mann realistisch einschätze (siehe erstes „K“).Die Psychologie hat dafür den Fachbegriff „Kontingenz“ geprägt: Je regelmäßiger und eindeutiger eine positive oder negative Konsequenz auf ein Verhalten wahrgenommen wird, desto schneller wird gelernt.
Wer das System bei Mann und Hund gut beherrscht, kann sich dann auch an die Königsdisziplin „Kinder“ und „Pferde“ wagen 😊