Toxic Boys – part 1
Behalt mein Herz, aber reournier meinen Verstand!
„Gib mir mein Herz zurück!“, grölte Grönemeyer über das Ende einer Liebe. „Nein, gib Du mir vorher bitte meinen Verstand zurück, gib mir das Denken zurück und den Scharfsinn!“, repliziere ich. „Dann können wir gerne auch über Dein Herz reden. Ach – und ich nehm´ auch gleich meine Beobachtungsgabe beim Auszug mit, die derzeit im Alltag verstaubt und verkümmert daliegt, geknebelt in Konventionen, chancenlos in der Fülle verschütteter Gewohnheiten. Und dann lasse ich erst einmal den Geist der Weiblichkeit schweben, lasse Aphrodite zum Rhythmus meines eigenen Herzens tanzen, tauche auf aus dem Nebel des Zwischenstadiums zwischen Denken und Fühlen, gestatte mir endlich, ICH zu sein, ohne Wenn und Aber. Genau das mache ich!“, gelobe ich am Altar meiner Tränen. Exakt solange, bis der nächste toxische Kerl seine Zelte in meinem nichtsahnenden Herzen aufschlägt…
Warum verlieben sich Frauen immer in die bösen Buben?
…und ignorieren mit an völliger Selbstschädigung grenzender Beharrlichkeit die süßen, netten, lieben, aufrichtigen Männer, die uns tatsächlich auf Händen tragen und nicht nur leere Versprechungen in Bezug auf ihre diesbezügliche Muskelkraft abgeben?
Ehrliche Antwort: Weil wir die lieben netten, verlässlichen Männer leider meistens saulangweilig finden!!!! Weil wir aus irgendeinem nicht nachvollziehbarem Grund von Natur aus darauf geeicht sind, dass nur die bösen Buben unser Kopfkino anheizen und uns sexuelle Befriedigung, Abenteuer, Lebenslust und das pure Vergnügen verheißen – wider besseren Wissens!!! Mit geradezu selbstschädigender Selbstverständlichkeit fallen wir immer wieder auf Männer herein, deren hervorstechendste Eigenschaft es ist, uns Liebeskummer zu bereiten.
Aufruf an Göttin: Bitte pol uns um!!!! Bitte lass uns die braven, netten Jungs, die Bitte-Danke-Sager und Frauenversteher endlich auch sexy finden. Gib uns die Gnade der Erleuchtung, uns auf die Halbe-Halbe Männer, die Klodeckel-Runter-Klapper und Gemüse-Esser einzulassen, um unserer masochistischen Einlassungsfahrlässigkeit endlich Einhalt zu gebieten!!!
Nieten zieht jede!
Kommt Euch das bekannt vor, Mädels? Doch warum geraten wir immer an die Falschen? Die Thesen sind vielfältig und haben über die Jahrhunderte ganze Bibliotheken gefüllt. Auch meine Junggesellinnen-Jahre waren geprägt von Enttäuschung, Frust und Unverständnis. Nach der gefühlt hundertsten Niete kam dann auch noch der Selbstzweifel hinzu, der schwer an meinem Selbstwertgefühl genagt hatte. Ich hatte alles dabei, was die Küchenpsychologie so hergab: schwer beziehungsgeschädigte Scheidungswaisen, neurotische Muttersöhnchen, gut getarnte Machos am Selbstfindungs-Trip, komplexgebeutelte Selbstzweifler und traumatisierte Energieräuber. Würde ich zudem für jeden Kilometer an schlechtem Sex, den ich kommentarlos durchgestanden habe, um das zarte, leicht aus dem Lot zu bringende Ego des Geliebten nicht zu verletzen, einen Euro erhalten, wäre ich jetzt schon mehrfache Millionärin… Zusammenfassend hätte ich allein mit meinen eigenen Liebespleiten locker die psychiatrische Uniklinik einer mittleren Großstadt füllen können.
Kalt – warm – Willkommen im Reich der Beziehungsphobiker
Wer kennt sie nicht, die Männer, die einem in diesem Augenblick die große Liebe schwören, nur um im nächsten Augenblick nicht einmal mehr ans Telefon zu gehen? Oder wer hat nicht schon Erfahrung gesammelt mit jenen Exemplaren, die jahrelang panisch „ihren Freiraum“ verteidigen, der sich darin manifestiert, dass Frau nicht einmal eine Zahnbürste in der Wohnhöhle des Buben deponieren darf, da ihn der Anblick derselben schon mental unter Druck setzen würde? Verständnisvoll schleppt Frau dann ihren Krempel hin und her, schließlich will man ja keine klammernde Xanthippe sein, die dem armen Mann die Luft zum Atmen nimmt. Interessanterweise verflüchtigten sich die psychotischen Bindungsängste eines meiner derart konditionierten Ex-Lover sofort, als ihm seine Sekretärin ohne viel Aufhebens nicht nur eine Zahnbürste, sondern gleich auch eine Windeltonne ins Badezimmer gestellt hat.
Doch wie kommt man raus aus der Liebes-Mausefalle?
In den wenigsten Fällen durch Glück. Wir sind leider dahingehend gepolt, erlernte Muster – und seien sie noch so selbstschädigend – zu wiederholen. Wollen wir raus aus der Negativspirale von unerwiderter Zuwendung und sinkendem Selbstwertgefühl, müssen wir uns gnadenlos und ehrlich analysieren und daran arbeiten, bestehende Muster, die ja im wesentlichen auch erlernt wurden, zu durchbrechen. Im Zweifel hilft auch die Einschätzung der besten Freundin oder des besten Freundes, um sich besser kennen zu lernen.
Der erste Kapitalfehler, dem wir Frauen immer wieder aufsitzen ist so banal wie weitverbreitet: Frauen verwechseln zu oft Liebe mit Sex. Vier Wochen Sex reichen im Normalfall locker aus, um diese Art von Bindungshormonen zu produzieren, die durchaus toughe Frauen zu anhänglichen, nervigen Zicken mutieren lässt. Während er vor dem Date noch schnell auf Tinder nachschauen muss, wie wir gleich nochmal heißen, planen wir bereits die gemeinsame Zukunft. Und sind dementsprechend enttäuscht, wenn die Sache nicht ganz nach Plan läuft. Lasst es doch einfach mal langsam angehen, Mädels!
Doch macht gleichzeitig nicht den Fehler, bei einem Mann zu bleiben, der offensichtlich nichts außer Sex von Euch will. Denn wenn er Euch nicht zu Anfang Eurer Beziehung jeden Wunsch von den Augen abliest und jede freie Minute mit Euch verbringen möchte, könnt Ihr sicher sein: Es wird nicht besser werden! Die Mär, dass wir Frauen den Männern einfach „nur Zeit geben“ müssen, dann fällt ihm schon auf, was für ein Wunderwesen er an seiner Seite hat, ist schlichtweg falsch. Wenn ihr diejenigen seid, die ihn mehr lieben als umgekehrt, wird sich das nie ändern. Ihr werdet ewig die Bittstellerin in dieser Beziehung bleiben und leiden! Aus einem Aschenputtel wurde nur im Märchen eine Prinzessin – im echten Leben zieht er den diamantenen Schuh gleich der richtigen Prinzessin an…
Don´t cry over spilt milk
Die Beziehung ist vorbei und das Ende war unschön? Macht nicht den Fehler, zu viel Zeit damit zu vergeuden, nach den Gründen zu suchen. Das ist verschwendete Zeit und Energie – Eure Zeit und Energie! Er liebt Euch eben einfach nicht bzw. nicht genug. Punkt. Das ist zu akzeptieren und wirklich kein Beinbruch und auch kein Grund für seelischen Katastrophenalarm. Lachen und weiter machen, ist die Devise! Die Liebe ist letztlich – wie im Berufsleben auch – ein Angebot, das man macht – doch von hundert Anboten nimmt eben nur einer das Anbot an. Das ist Statistik. Love on the first sight ist ein netter Versuch, aber eben nur im Film. Das heißt nicht, dass wir nicht aus einer gescheiterten Bezeihung lernen sollten, doch pure Selbstzerfleischung bringt Dich nicht weiter, trust the expert!
Wir müssen in vielen Lebensbereichen mit Ablehnung leben lernen, ohne dass wir in Verzweiflung fallen – warum sollte das gerade in der Liebe anders laufen? Wer sich das vor Augen führt, wird mit Liebespleiten a la longue viel leichter umgehen können, weil sie ihn nicht im Selbstwert angreifen. Und wer selbstsicher und in sich ruhend an die Liebe heran geht, dem wird sie auch über den Weg laufen!