Wer den Kuchen bäckt, kriegt auch das größte Stück?
Das größte Stück vom Kuchen
ist nie Deines? Du hast das Gefühl, dass Du Tag und Nacht arbeitest, aber der Lohn der Plackerei ist überschaubar? Du bäckst den Kuchen, das größte Stück davon vertilgen aber immer die anderen – und zwar noch bevor Du überhaupt die Kuchengabeln verteilt hast? Dir geht´s wie unserem kleinen Fisch im Bild: alle zerren an der Fliege, nur Du nicht?
Willkommen in der Welt der Frauen.
Das Problem liegt auf dem Tisch. Der weiße Elefant steht nicht nur mitten im Raum, nein er tanzt fröhlich und unübersehbar auf allen Tischen: auf dem Küchentisch daheim, auf dem Konferenztisch im Büro, auf den Studiertischen an den Unis und auf den Auszahlungstresen der Banken. In fast allen Bereichen, in denen es letztlich ums Geld geht, steht er da, der weiße Elefant, aber keiner will ihn sehen.
Doch warum nehmen wir das hin? Warum lassen wir uns die besten Stücke der Torte vor unseren Augen wegschnappen? Warum kämpfen wir nicht einfach darum? Warum geben wir dem Tortenräuber gleich auch noch ungefragt das beste Stück vom Braten als Zugabe mit auf den Teller?
Alter Wein in neuen Marketing-Schläuchen
Intensive Feldstudien eines bewegten Frauen-Erwerbslebens sagen mir, dass diese Art von vorauseilendem Gehorsam wieder vermehrt in den Köpfen von uns Frauen angekommen ist. Aber damit wir schön bei der Stange bleiben und den ganzen Schlamassel mit ondulierten Locken und unter dem Einfluss der modernen Kosmetikindustrie brav hinnehmen, hat uns die Frauenzeitschriftsindustrie das Ganze hochglanztechnisch aufgetuned. Auf Neusprech heißt es dann, wir würden jetzt „Prioritäten setzen und zu uns finden“ (mach ich gerne am liebsten im Eigenheim, dessen Einlagezahl im Grundbuch auf meinen Namen läuft ), unsere „innere Balance“ wieder finden (meine Balance ist in der Sekunde in der Waage, in der mein Stundensatz sich dem meines Mannes angleicht), uns auf „neue Werte“ besinnen (danke, die sind so alt, dass sie einen Bart haben und das fand auch schon meine Oma…).
Ab ins 50iger Jahre Körbchen?
Junge Mütter brüsten sich damit, dass sie den Partner dazu gebracht haben, dass er Windeln wechselt und mit dem Nachwuchs in den Park stolziert – nicht ohne natürlich von seiner Mama abwärts für sein super-partnerschaftliches-halbe-halbe Gedöns goldene Lorbeerkränze einzufordern und zu erhalten. Junge Akademikerinnen nehmen es hin, dass sie bei Beförderungen sang- und klanglos übergangen werden, arrivierte Frauen lassen sich noch immer mit Gehältern abspeisen, für die ein gleich ausgebildeter Mann nicht einmal seinen Laptop hochfahren würde und die Equity-Partner in den großen Unternehmen sind noch immer fast ausschließlich Männer. Gerne wird dies mit der Ausrede verbrämt, wir Frauen würden halt freiwillig nicht so gerne die Verantwortung übernehmen wollen. Ja eh. Weil wir ja so verantwortungsscheu sind, wenn wir tagtäglich weitreichend und allein über die Gesundheit, das Gedeihen und die Ausbildung unserer Kinder und die Versorgung unserer greisen Eltern entscheiden. Gutes Marketing gegen Frauen und für das männliche Geld- und Machtmonopol. Es läuft was schief, und zwar ganz gewaltig. Eine neue Welle von Rückwärtsgewandtheit kategorisiert uns, trennt uns dadurch und beraubt uns unserer größten Stärke: Der Solidarität. Denn nichts ist so mächtig wie ein geeintes Rudel Frauen. Das weiß sogar der König der Löwen und fängt mit der geballten Weiblichkeit lieber – auf gut wienerisch – „kan Köch´an“…
Und wie kommen wir jetzt ans beste Stück vom Braten?
Ganz einfach: Messer rechtzeitig wetzen und sich selbst das dicke Ende abschneiden, bevor es weg ist! Wer sich nicht einfach das holt, was ihr zusteht, wird immer zweite Siegerin bleiben. Dazu gehört einfach eine gewisse Abgebrühtheit und das Bewusstsein, dass wir Frauen das Werkl am Rennen halten. Wir brauchen niemanden, wir können absolut alles selber. Und oft auch besser. Wir sollten uns nicht selber ins neue Biedermeier katapultieren und uns damit zufrieden geben, auf Instagram retuschierte „Ich-bin-soooo-hübsch“ Fotos zu posten, damit kann man kein Haus und keinen Porsche – auch nicht mit Elektromotor – bezahlen. Es ist super lässig und für einige wenige junge Frauen durchaus auch ein Geschäftsmodell, als lebender Kleiderständer durch alle social media Kanäle zu gondeln – im Normalfall kommt man aber an mehr Geld, wenn man mehr Macht und weniger Schönheit anstrebt.
Zwischenstopp: das kurze Ende des Konferenztisches
Und ja – natürlich ist es toll, wenn wir für unser Äußeres bewundert werden. Welche Frau ist nicht gern schick, sportlich und sieht gut aus? Doch der zu beobachtende Trend nach glatter monokultureller Photoshop-Schönheit ist gefährlich. Die intensive Beschäftigung immer breiterer Massen von jungen Frauen, die aus dem Hamsterrad eines fordernden Jobs abspringen und ihr Glück im 50iger Jahre Retro-Abziehbild der Frau finden, halte ich für gefährlich. Nicht nur wegen der verzerrten Selbstwahrnehmung, die in weiterer Folge zu absurden Auswüchsen wie Essstörungen, Mobbing und sonstigen Selbstwertproblemen führt. Vielmehr verplempern wir Zeit für die Zeit nach der Schönheit und nach der Kindererziehung. Wir verspielen die Resultate eines langen Kampfes, den unsere Mütter und Großmütter für Selbstbestimmtheit und Freiheit geführt haben. Und wir vergeben das geile Gefühl, am Kopf des Konferenztisches im Chefsessel zu sitzen und die Befehle zu erteilen. Gerne auch ungeschminkt und mit ein paar Kilo Übergewicht auf den Rippen (die wir gerne bekämpfen – aber nicht weil´s schiach ist, sondern weil´s ungesund ist!). Weil wir es können. Und weil wir es auch endlich wollen sollten.